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Tödlicher Angriff im Hundertwasserbahnhof: 19-jähriger Verdächtiger muss sich ab Januar vor Gericht verantworten

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Uelzen/Lüneburg. Es war eine Tat, die wegen ihrer Brutalität und Sinnlosigkeit bundesweit für Schlagzeilen gesorgt hatte: Der Uelzener Hundertwasserbahnhof am 14. Juli dieses Jahres. Es ist 2 Uhr morgens, kaum jemand ist um diese Uhrzeit dort noch unterwegs, die Unterführungen sind fast leer. Doch Ramesh K. irrt durch die Gänge, sucht eine Möglichkeit, mit dem nächsten Zug wieder zurück nach Lüneburg zu kommen. Dort wohnt der 55-Jährige mit seiner Familie. Er hat am Abend lange in Hamburg gearbeitet und war auf dem Weg nach Hause, als er im Zug erschöpft einschläft - und erst an der Endstation in Uelzen wieder aufwacht. Ramesh K. macht sich auf den Weg zu Gleis 301 und ist auf der Treppe nach oben unterwegs. Ihm kommt, vermutlich zufällig, ein junger Mann entgegen.

Der schlaksige junge Mann ist Amine Y., zu diesem Zeitpunkt 18 Jahre alt. Er ist als Jugendlicher unbegleitet aus einem Kriegsgebiet nach Europa gelangt. Der begeisterte Fußballer, der unter anderem kurze Zeit für den SSV Vorsfelde (bei Wolfsburg) als talentierter Stürmer Tore schoss, hat in Deutschland keinen Halt gefunden. Nach mehreren Stationen landet er schließlich in einer Uelzener Unterkunft, beginnt, Drogen zu konsumieren.

Amine Y. ist an diesem 14. Juli, einem Samstag, in der Uelzener Innenstadt bereits mehrfach negativ aufgefallen. Er hat einen wildfremden Mann geschlagen sowie Diebstähle begangen. Die gerufene Polizei weiß sich nicht anders zu helfen, als den 18-Jährigen so lange wie möglich in eine Arrestzelle zu stecken, damit er zumindest niemanden mehr während der Geschäfts-Öffnungszeiten behelligen kann. Gegen 21 Uhr müssen die Beamten ihn wieder auf freien Fuß setzen - sein Weg führt ihn direkt wieder zum Hundertwasserbahnhof, wo er vormittags bereits eine Körperverletzung begangen hat. 

Was dort passiert, hat sich nach dem Stand der Ermittlungen wie folgt zugetragen: "Er soll am 14.07.2024 einen Mann, der zuvor auf der vom Bahnsteig 301 hinabführenden Treppe des Uelzener Bahnhofs gestanden hatte, mit Wucht gegen den Brustkorb getreten haben. Der Mann war die Treppe hinabgestürzt und noch am Tatort seinen massiven Kopfverletzungen erlegen. Sein Handy, auf dessen Erlangung es dem Beschuldigten angekommen sein soll, habe dieser nach dem Sturz des anderen an sich genommen, um es für sich zu behalten."

Deswegen beginnt am Freitag, 10. Januar 2025, um 9.30 Uhr in Saal 121 vor der 5. großen Jugendkammer am Lüneburger Landgericht ein Sicherungsverfahren gegen den jetzt 19-Jährigen. Der Unterschied zu einem herkömmlichen Anklageverfahren: Die Prozessbeteiligten gehen davon aus, dass der Verdächtige schuldunfähig ist. Das Landgericht Lüneburg formuliert es so: "Dabei soll er sich krankheitsbedingt in einem Zustand befunden haben, aufgrund dessen er nicht in der Lage gewesen sein soll, das Unrecht seiner Tat zu erkennen und danach zu handeln." In dem Prozess soll entschieden werden, ob Amine Y. in einer Einrichtung untergebracht wird (wie es derzeit bereits der Fall ist).

Fortsetzungstermine sind auf den 22. und 23.01., 7., 17., 21., 24. und 28.02.2025, jeweils um 9.30 Uhr in Saal 121, bestimmt. Die Kammer hat einen psychiatrischen Sachverständigen und einen Gerichtsmediziner hinzugezogen. Zum ersten Hauptverhandlungstermin sind vier Zeugen geladen, zum dritten Termin eine Zeugin.

Foto: Michalzik