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UEN-Kolumne mit Professor Markus Launer: Forschungsstandort Uelzen - wichtige Innovationen aus dem ländlichen Raum

  • Subtitle: Suderburg

Tatsächlich gibt es aus unserer Region viel Spannendes zu berichten – mehr, als vielen Uelzenerinnen und Uelzenern vermutlich bewusst ist. Ich freue mich über die Gelegenheit, Entwicklungen aus Forschung und Wissenschaft einmal abseits der täglichen Nachrichten aufgreifen, analysieren und einordnen zu dürfen. Bevor wir in die Tiefe gehen, lohnt sich zunächst ein Blick aufs große Ganze: ein Überblick über den Forschungsstandort Uelzen und Suderburg.

Die Ostfalia Hochschule zählt zu den forschungsstärksten Hochschulen in Niedersachsen. Neben der Grundlagen- und angewandten Forschung liegt ein besonderer Fokus auf der Förderung von Gründungen und Start-ups – etwa im Entrepreneurship Hub am Standort Wolfenbüttel. Als forschungsstärkste Fakultät gilt – und das bereits seit 170 Jahren – die Fakultät Bau-Wasser-Boden in Suderburg. Hier wurde und wird Außergewöhnliches geleistet, insbesondere zum Schutz der Bevölkerung und zur Sicherung der landwirtschaftlichen Nutzung. Die Ingenieure waren an unzähligen Projekten in der Region beteiligt – von Entwässerungssystemen über Flussregulierungen bis hin zu großflächigen Bewässerungsanlagen. Ein aktuelles Beispiel: der Neubau des Instituts für nachhaltige Bewässerung im ländlichen Raum – gegründet und geleitet von Prof. Dr. Röttcher. Und erst kürzlich wurde Prof. Dr. Markus Wallner mit dem Wissenschaftspreis Niedersachsen 2024 ausgezeichnet. 

Auch an den Berufsbildenden Schulen in Uelzen geschieht Bemerkenswertes – nicht zuletzt dank des Engagements von OStD Stefan Nowatschin. Besonders im Bereich Nachhaltigkeit setzt die BBS1 Maßstäbe: Hier wurde ein digital unterstütztes 360-Grad-Konzept zur beruflichen Weiterbildung entwickelt, das bereits mehrfach ausgezeichnet wurde. In Kooperation mit Prof. Launer, der HAW Hamburg und der Universität Dortmund betreibt die Schule anwendungsnahe Forschung zu Zukunftsthemen der Berufsbildung. Dabei ist ein internationales Netzwerk entstanden, das die Exzellenz beruflicher Bildung auch über Ländergrenzen hinweg fördert. Ein aktueller Schwerpunkt liegt auf Projekten rund um das Thema Wasserstoff – ein zukunftsweisendes Feld, das sowohl ökologisch als auch wirtschaftlich große Potenziale birgt.

Auch die Bezirksstelle der Landwirtschaftskammer Niedersachsen in Uelzen, geleitet von Dr. Jürgen Grocholl, ist in der regionalen Forschung besonders aktiv. Uelzen wurde erneut als Öko-Modellregion ausgezeichnet – ein Beleg für das Engagement in Richtung einer nachhaltigeren, regional verwurzelten Biolandwirtschaft. Die Bezirksstelle betreut zahlreiche landwirtschaftliche Forschungsprojekte. So wurde kürzlich der Abschlussbericht zur sensorgesteuerten Kartoffelberegnung vorgestellt – ein spannendes Beispiel für den Einsatz moderner KI-basierten Technologien in der Landwirtschaft. Darüber hinaus wird an alternativen Verfahren zur Krautminderung geforscht. Auch Themen wie die Bestäubung durch Bienen und deren Bedeutung für Imkerei und Landwirtschaft stehen im Fokus – ein wichtiger Beitrag zur ökologischen Vielfalt und Nachhaltigkeit.

Auch im Bereich der Wirtschafts- und Forschungsförderung ist in Uelzen viel in Bewegung. Zahlreiche Beraterinnen und Berater von Uelzen Aktiv engagieren sich für innovative Entwicklungen in der Region. Der Landkreis Uelzen wurde zur Modellregion für den Ausbau von Glasfasernetzwerken ernannt – ein wichtiger Schritt auf dem Weg zur digitalen Zukunft. Dabei geht es nicht nur um Infrastruktur, sondern auch um die Erforschung und Anwendung digitaler Technologien. Ein sichtbares Zeichen für die Förderung des digitalen Wandels ist auch die letzte KI-Konferenz im September 2024, ebenso wie die regelmäßig stattfindenden Bildungskonferenzen, die Akteurinnen und Akteure aus Wissenschaft, Wirtschaft und Verwaltung zusammenbringen. Zudem überreichte am 9. Dezember 2024 die Landesbeauftragte Karin Beckmann der Ostfalia Hochschule in Suderburg den offiziellen Förderbescheid für das Projekt „WissensOrt Uelzen – Potenzial- und Machbarkeitsanalyse“. Ziel dieses Projekts ist es, herauszufinden, welche Themen und Formate sich für einen zukünftigen Wissens- und Begegnungsort in Uelzen eignen – ein spannender Impuls für die Weiterentwicklung der regionalen Wissenslandschaft.

Überregional zählt Uelzen zur Zukunftsregion „HeiDefinition“, zusammen mit den Landkreisen Celle und der Heidekreis. Ziel ist es dabei, die Innovationskraft, die Anpassungsfähigkeit an neue Herausforderungen und den gesellschaftlichen Zusammenhalt zu stärken. Nachdem in 2022 ein Zukunftskonzept erstellt wurde, sind nun die ersten Projekte des Förderprogramm „HeiDefinition“ erfolgreich angelaufen.

Ein zentraler Pfeiler für Forschung und Entwicklung in der Region sind die hier ansässigen Großunternehmen. Zu den bedeutendsten zählen die Stadtwerke Uelzen, Nordzucker und Uelzena. Auch in Munster fließt mit einem nun erhöhten Forschungsetat für Rheinmetall verstärkt Budget in die wehrtechnische Entwicklung. Eines der forschungsstärksten Unternehmen stammt aus Suderburg: Das mittelständische Familienunternehmen Valenzi entwickelt innovative Lebensmittel und zählt bundesweit zu den Vorreitern in seiner Branche. Ebenfalls in der Lebensmittelproduktion aktiv ist die Bohlsener Mühle aus Gerdau. Mit ihrer über 700-jährigen Geschichte verbindet sie Tradition mit moderner Produktinnovation – und gilt als eines der kreativsten Unternehmen im Biokostbereich. In Bad Bodenteich hat sich Werkhaus Design + Produktion einen Namen gemacht. Das Unternehmen ist international bekannt für seine nachhaltigen Produkte, die auf einem selbst entwickelten Stecksystem basieren. Und auch im Bauwesen zeigt sich Innovationskraft: Meyer Bau prägt seit über 160 Jahren die regionale Bauwirtschaft mit neuen Ideen und Technologien. Diese Auswahl zeigt exemplarisch, wie vielfältig und zukunftsorientiert die Wirtschaft der Region aufgestellt ist – ohne Anspruch auf Vollständigkeit.

Im Raum Uelzen entwickelt sich auch eine lebendige Start-up-Szene. Junge Unternehmen entstehen sowohl in der Landwirtschaft als auch im Technologiesektor. Ein herausragendes Beispiel ist Unternehmer Mike Bergman, der durch die Gründung von Exabyters und, gemeinsam mit dem ehemaligen Ostfalia-Studenten Florian Talg, Visoma wesentliche Impulse gesetzt hat. Auch das junge Unternehmen jus.TECH hat sich bereits einen Namen gemacht – mit Lösungen in den Bereichen Künstliche Intelligenz, maschinelles Lernen, Nachhaltigkeit und CO₂-Bilanzierung. In Bardowick versorgt das Start-up Kynda Biotech GmbH Lebensmittelunternehmen mit kostengünstigen Plug-&-Play-Bioreaktoren, passenden Starterkulturen und operativer Unterstützung – für die effiziente Produktion von Myzelium als nachhaltige Proteinquelle. Aus Natendorf stammt das Start-up HEYHO!, das handgemachtes Bio-Müsli aus gebackenem Hafer herstellt. In Kooperation mit dem Herbergsverein Lüneburg werden hier insbesondere sozial benachteiligte Menschen in den Arbeitsprozess integriert. Auch im Bereich nachhaltiger Verpackungslösungen ist die Region innovativ: In Munster entwickelt und produziert Bruno Ritter Verpackungen sowohl edle Luxusverpackungen als auch Verkaufsverpackungen aus nachwachsenden Rohstoffen. Weitere forschungsorientierte Start-ups aus der Region finden Sie auf der Plattform Niedersachsen.next Startup – ein Blick lohnt sich unter https://startup.nds.de/startup-map/

Historisch zeigt Uelzen schon seit 1000 Jahren seine Innovationskraft – von ausgeklügelten Wassernutzungssystemen im Mittelalter über logistische Meisterleistungen im Hansehandel bis hin zur Vision eines modernen, umweltfreundlichen Bahnhofs des 21. Jahrhundert. Die Hansestadt Uelzen war immer ein aktiver Knotenpunkt, ein Treffpunkt für Kaufleute, Handwerker und Visionäre. Doch die landwirtschaftlichen Böden in der Lüneburger Heide waren karg, das Klima oft unberechenbar. Die Menschen entwickelten ausgeklügelte Techniken, um das Beste aus den vorhandenen Ressourcen herauszuholen. So entstand das sogenannte „Plaggenesch“-Verfahren – eine frühe Form der Bodenverbesserung durch organisches Material. Es wurden auch ausgeklügelte Wasserkanäle erbaut und erste Drainagesysteme. Zudem wurde schon sehr früh die Ilmenau zum Antrieb von Mühlen genutzt.

Doch gerade in der Forschung gilt: Zufriedenheit ist Stillstand. Der Fortschritt schreitet unaufhaltsam voran, besonders in den Bereichen Digitalisierung und Landwirtschaft. Ein neues Paradigma steht vor der Tür, ein neues Zeitalter: das der Künstlichen Intelligenz (KI). Nach ersten Ansätzen in den 1960er- und 1970er-Jahren geriet das Thema lange Zeit in eine sogenannte „KI-Wüste“. Doch seit rund einem Jahrzehnt erlebt die künstliche Intelligenz eine rasante Renaissance – und mit Anwendungen wie ChatGPT ist sie seit gut zwei Jahren auch im Alltag vieler Menschen angekommen. Mittlerweile gibt es Hunderte KI-gestützte Programme und Anwendungen, die unseren Alltag verändern – teils schleichend, teils disruptiv. Die Welt steht im Umbruch, und auch Uelzen bleibt nicht außen vor: Die Region beteiligt sich aktiv an der Forschung und Erprobung dieser Technologien – mit einem klaren Blick auf Chancen, Risiken und die Zukunftsfähigkeit ländlicher Räume.

Und wenn es weitere innovative Entwicklungen in Uelzen, Suderburg und Umgebung gibt, bitte schreiben Sie mir gerne Ihre Kommentare unter Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein.

Foto: privat