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Tierwelt

Weil jedes Schicksal zählt: Die Retter der Straßenkatzen

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Uelzen. Für viele sind sie unsichtbar: Streunende Katzen, die auf der Straße, auf Höfen oder verlassenen Grundstücken leben – ohne Besitzer, ohne Schutz. Die Katzen-Hilfe Uelzen kümmert sich um genau diese Tiere. Ehrenamtliche wie Melanie Hoffmann und Natalie Engel fangen Streuner ein, lassen sie kastrieren und medizinisch versorgen und geben ihnen damit eine Chance auf ein besseres Leben. Im Gespräch berichten sie von ihrer Arbeit, bewegenden Momenten und der großen Bedeutung gesellschaftlicher Verantwortung.

Von unserer Redaktion

Die Falle schnappt zu. Drinnen sitzt eine kleine, graugetigerte Katze, die Augen sind geweitet, das Herz schlägt schnell unter dem zarten Brustkorb. Vorsichtig schlägt Melanie Hoffmann die Decke wieder zurück über die Kiste, damit das Tier zur Ruhe kommt. „Jetzt beginnt für sie ein neuer Abschnitt“, sagt die zweite Vorsitzende der Katzen-Hilfe Uelzen. Wenige Minuten später laden sie und ihre Mitstreiterin Natalie Engel die Transportbox ins Auto. Ziel: der Tierarzt. Dort wird die Katze kastriert, gekennzeichnet und medizinisch versorgt – der erste Schritt in ein Leben ohne Hunger, Schmerzen und unkontrollierte Vermehrung.

Wer Melanie Hoffmann und Natalie Engel bei ihrer Arbeit beobachtet, erkennt schnell, warum sie tun, was sie tun. Hier geht es nicht um abstrakten Tierschutz, sondern um eine Herzensaufgabe, der sie sich mit ganzer Überzeugung verschrieben haben. Gemeinsam stehen sie stellvertretend für ein kleines Team von Ehrenamtlichen, die sich unermüdlich für Katzen einsetzen, die niemandem gehören, um die sich niemand kümmert und die ohne Unterstützung kaum Überlebenschancen haben.

Wenn aus Mitgefühl eine Mission wird

Den Grundstein für die Katzen-Hilfe legten Melanie und ihr Mann Holger Hoffmann im Jahr 2010. Einige Jahre zuvor waren sie einem Medien-Aufruf gefolgt: Es wurden Menschen gesucht, die bei der Fütterung von Straßenkatzen unterstützen. Dort trafen sie auf die Tierschützerin Erika Herkt-Skupin, die damals bei den Uelzener Versicherungen tätig war und sich stark für herrenlose Katzen im Landkreis engagierte. „Über sie sind wir überhaupt erst zum Tierschutz gekommen“, erzählt Melanie.

Bald entstand der Wunsch, noch mehr zu bewirken. Infolgedessen gründeten Melanie und ihr Mann die Katzen-Hilfe, die nicht nur im Landkreis Uelzen, sondern auch im Wendland und anderen angrenzenden Regionen aktiv ist. Natalie Engel ist seit 2014 dabei und zur „Frau für alles“ geworden, wie sie selbst sagt. Sie ist als Katzenretterin im Einsatz, organisiert und betreut Informationsveranstaltungen, leistet Aufklärungsarbeit, dokumentiert die Vereinstätigkeiten mit Text und Bildern und unterstützt überall sonst, wo sie kann.

Von der Straße in sichere Hände

Die Arbeit des Vereins beginnt dort, wo andere wegsehen. Streunende und herrenlose Katzen werden eingefangen, kastriert, gechipt, registriert, entwurmt und entfloht. Verletzte oder erkrankte Tiere kommen in medizinische Behandlung und werden gegebenenfalls stationär in einer Tierklinik untergebracht. Einen routinierten Alltag gibt es bei der Katzen-Hilfe nicht. Jede Aktion bringt neue Herausforderungen mit sich und verlangt vor allem eine gründliche Organisation: Wer fängt das Tier ein? Wer fährt es zum Tierarzt? Wer nimmt es für eine Nacht auf, bis die Narkose nach der Kastration abgeklungen ist?

Eine Kernaufgabe der Katzen-Hilfe besteht in der Vermittlung geretteter Tiere an Übernahmevereine und Pflegestellen. Da diese rar gesät sind, kann das bedeuten, tagelang bundesweit herumtelefonieren zu müssen. „An Familien oder Privatleute, die gerne eine Katze hätten, vermitteln wir im ersten Schritt nicht. Zunächst geht es darum, die Tiere aufzupäppeln und herauszufinden, inwieweit sie sozial verträglich sind, also ob sie mit Kindern, Artgenossen oder anderen Tieren gut auskommen“, schildert Melanie. „Wenn sie danach ein liebevolles Zuhause finden, freuen wir uns sehr.“ Bevor eine Katze endgültig vermittelt wird, prüft die Katzen-Hilfe, ob das neue Umfeld sicher und geeignet ist und führt Gespräche mit den künftigen Haltern. Auch nach der Vermittlung bleibt der Verein in Kontakt und steht als Ansprechpartner mit Rat und Tat zur Seite.

Die Katzen-Hilfe hat mittlerweile 34 Mitglieder. Die meisten davon sind Fördermitglieder, eine Handvoll wirkt aktiv mit. Der Verein finanziert sich ausschließlich über Mitgliedsbeiträge und Spenden. Öffentliche Zuschüsse gibt es nicht. Schutzgebühren für vermittelte Tiere decken die Kosten nicht einmal ansatzweise: Kastration, Chip, Parasitenbehandlung, Tests und Medikamente – all das summiert sich. Umso wichtiger ist jede Unterstützung. Gebraucht wird, wer helfen kann, sei es mit Geld oder durch tatkräftigen Einsatz. 

Kampf gegen falsche Vorstellungen

Leider kommt es immer wieder vor, dass der Verein viel zu spät informiert wird. Das liegt oft daran, dass die Menschen zu lange wegschauen oder sich nicht verantwortlich fühlen. Häufig sind die Katzen in einem sehr schlechten Zustand oder haben sich bereits vermehrt. Melanie erinnert sich: „In Stadensen wurde kürzlich eine Katze gefunden, die sehr zutraulich war und eigentlich jedem hätte auffallen müssen. Sie hatte stark verfilztes Fell, war dehydriert und völlig abgemagert. Der Tierarzt stellte fest, dass sie mehrere Tumore hatte. Einer davon wuchs so schnell, dass sie nicht mehr gerettet werden konnte. Immerhin hat sie die letzten Tage ihres Lebens in ihrer Pflegestelle noch Wärme und Zuwendung erfahren.“

Viele Menschen glauben, Katzen kämen allein zurecht, wenn sie dauerhaft in freier Wildbahn leben. „Das stimmt nicht“, betont Natalie. „Sie verhungern und verelenden, denn anders als Wildkatzen sind Hauskatzen ohne menschliche Unterstützung nicht überlebensfähig.“ Doch das ist nicht der einzige Punkt, in dem der Verein gegen falsche Vorstellungen kämpft. Es hält sich der Irrglaube, dass es ausreiche, weibliche Katzen erst mit einem Jahr zu kastrieren. „Das ist falsch“, sagt Natalie. „Schon mit sechs Monaten können Katzen trächtig werden – wir sehen es regelmäßig.“ Hinzu kommt, dass es in Deutschland keine bundesweite Kastrationspflicht gibt. Zwar haben viele Gemeinden dahingehend Regularien eingeführt, diese sind jedoch unterschiedlich ausgelegt. „Katzen vermehren sich exponentiell. Aus einem Wurf mit vier Kitten können schnell 25 Tiere werden, wenn niemand handelt“, erklärt Natalie und appelliert: „Wenn ihr wisst, dass jemand seine Katzen unkastriert laufen lässt: Sprecht es an und meldet es.“ Melanie ergänzt: „Eine unkastrierte Katze gehört nicht in den Freigang“.

Licht und Schatten liegen nah beieinander

Auch wenn alle Ehrenamtlichen der Katzen-Hilfe mit Herzblut dabei sind, kann die Arbeit eine psychische Herausforderung sein. Ihnen begegnet viel Leid, bisweilen auch Unmenschliches und Erschütterndes, wie der Fall in Bad Bodenteich zeigt. Jeder von ihnen geht damit anders um. „Wichtig ist, sich Pausen zu gönnen“, sagt Natalie. „Und man darf nicht nur auf die Tiere schauen, die nicht gerettet werden konnten. Man muss sich auf die konzentrieren, die eine Chance bekommen und überlebt haben“. Wut und Frust lassen die Helfer nur im kleinen Kreis zu – nach außen geht es um Aufklärung und Verständigung. Denn nur wer die Menschen mitnimmt, erreicht etwas.

Neben traurigen Fällen gibt es aber auch Geschichten, die Mut machen. Natalie erinnert sich an „Hope“ und „Cooper“, ihre ersten Pflegekätzchen. Beide litten an schwerem Katzenschnupfen, die Augen waren stark entzündet und es war nicht sicher, ob sie ihre Sehkraft behalten. Wochenlang pflegte die ganze Familie die winzigen Tiere. Am Ende waren sie gesund, die Augen heil – und die Kätzchen fanden ein liebevolles Zuhause. Noch heute schicken die neuen Besitzer Bilder. „Solche Erlebnisse geben Kraft“, sagt Natalie.

Auch Melanie hat berührende Momente erlebt. 2013 besichtigte sie eine Futterstelle auf einem großen Grundstück mit über 30 herrenlosen Katzen. Eine davon war schwer verletzt und konnte trotz medizinischer Hilfe nicht mehr gerettet werden. Sie wurde Angel (engl. “Engel”) getauft. Aus ihrem Schicksal wuchs große Unterstützung: Spenden aus ganz Deutschland ermöglichten es, die Futterstelle aufzubauen und alle Tiere zu versorgen. Seitdem werden die Katzen an diesem Standort “Angels” oder „Angel Katzen“ genannt. Sie sind ein Symbol dafür, wie viel sich mit vereinten Kräften bewegen lässt.

Tierschutz geht uns alle an

Wenn Melanie und Natalie einen Wunsch frei hätten, dann den, dass die Menschen mehr Verantwortung übernehmen – für ihre eigenen Tiere und für die, die keinen Besitzer haben. „Das Wegsehen ist das Schlimmste“, sagt Natalie. „Wenn ich weiß, dass ein Tier nicht gut behandelt wird oder ums Überleben kämpft, dann muss ich etwas tun.“

Die Katzen-Hilfe Uelzen lebt von dieser Haltung und von Menschen, die bereit sind, mitzumachen, sei es mit Spenden oder persönlichem Einsatz. Denn wie Melanie sagt: „Der Tierschutz sind wir alle.“ Damit meint sie nicht nur die Mitglieder des Vereins, sondern jeden, der hinschaut, handelt und hilft, wenn ein Tier in Not ist.

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Kontakt & Unterstützung

Katzen-Hilfe Uelzen e.V

Am Sportzentrum 4, 29559 Wrestedt

Web: http://www.katzenhilfe-uelzen.de/

E-Mail: Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein.

 

Spendenkonto

Katzen-Hilfe Uelzen e.V.

Sparkasse Uelzen

IBAN: DE98258501100230056210

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Fotos: Melanie Hoffmann