1.000 Tage nach den Wahlen: Interview mit Karl-Heinz Günther, stellvertretender Bürgermeister Hansestadt Uelzen, Kreistagsabgeordneter und Ortsbürgermeister Kirch- und Westerweyhe - Teil 1
Uelzen/Landkreis. Herr Günther, zunächst möchte ich mich bei Ihnen für das Interview bedanken und freue mich auf eine spannende Frage- und Antwortstunde. Wir hatten ja schon mal im Juli 2021, also vor den dann später stattgefundenen niedersächsischen Kommunalwahlen im September, miteinander gesprochen und vereinbart, dass wir ein weiteres Interview „1.000 Tage nach der Wahl - Wie geht´s, Wie steht´s?“ mit Ihnen führen möchten. Nun, das ist geschehen, und die Wählerschaft hat Sie in den Kreistag des Landkreises Uelzen, den Rat der Hansestadt Uelzen und in den Ortsrat Kirch- u. Westerweyhe gewählt. Dazu nochmals Glückwunsch, und dann kommen wir gleich mal zur ersten Frage.
Der hohe Anteil der Stimmen, die Sie direkt bekommen haben, fällt auf. Sie sind offenbar sehr beliebt. Was, meinen Sie, ist der Grund?
Das habe ich fast schon geahnt, dass Sie mir diese Frage stellen würden. Ehrlich gesagt, kann ich Ihnen das auch nicht genau beantworten. Aber ich gehe mal davon aus, dass die Wähler gesehen haben, dass wenn man Sie ernst nimmt, Ihnen zuhört, Ihre Fragen beantwortet, Sie unterstützt und mitnimmt, dass das entsprechend belohnt wird. Vielleicht haben die Wähler aber auch gesehen, dass da jemand ist, der nicht nur kurz vor den Wahlen erscheint, sondern auch während der Ratsperiode sich kümmert und gesellschaftlich sowie ehrenamtlich einbringt.
Die Wähler haben für Sie gestimmt, und dann wurden Sie von Ihrem Gemeinderat zum Ortsbürgermeister von Kirch- u. Westerweyhe sowie vom Stadtrat zum stellvertretenden Bürgermeister Uelzens gewählt. Ist das etwas Besonderes, und was bringt das eigentlich so mit sich?
Das bedeutet für mich, dass der Ortsrat gute Arbeit geleistet hat. Übrigens arbeiten wir in unserem Ortsrat sehr gut miteinander und tauschen uns untereinander aus. Wir wissen, dass wir für unsere Dörfer die Ansprechpartner sind und wir gemeinsam für die Sache kämpfen. Das Miteinander, Füreinander und das Zusammenstehen wird bei uns großgeschrieben. Nun ja, dass ich dann wieder zum Ortsbürgermeister gewählt wurde und das zum dritten Mal in Folge, ist schon eine tolle Sache. Ja, und das mit dem stellvertretenden Bürgermeister der Hansestadt ist ebenfalls sehr schön. Auch das ist eine Art Belohnung oder Würdigung der geleisteten Arbeit der letzten Jahre. Und da muss ich ehrlicherweise ja sagen, dass das etwas Besonderes ist. Sie fragten dazu, was das alles so mit sich bringt. Dieses Mandat hat sicherlich auch dazu beigetragen, dass ich dann in den Niedersächsischen Städte- und Gemeindebund (NSGB) ins „Geschäftsführende Präsidium“ gewählt wurde. Das Präsidium besteht aus 19 von den Bezirksverbänden gewählten Mitgliedern und dem Präsidenten. Ich bin dort einer von drei ehrenamtlichen Bürgermeistern. Der NSGB ist als kommunaler Spitzenverband die Interessenvertretung der kreisangehörigen Städte und Gemeinden in Niedersachsen. Er vertritt 360 Städte, Gemeinden und Samtgemeinden mit nahezu 3,7 Millionen Einwohnerinnen und Einwohnern. Das Einzugsgebiet umfasst drei Viertel der Fläche Niedersachsens und über 15.000 Mandatsträger gehören dem NSGB an. Der NSGB versorgt seine Mitglieder mit den aktuellen Entwicklungen aus der Landes- und Bundespolitik. Hier finden Sie die neuesten Entwicklungen, die für unsere Städte, Gemeinden und Samtgemeinden wichtig sind. Als ich die ersten Male in Hannover an den Sitzungen des Präsidiums teilgenommen habe, war ich noch sehr unsicher, ob ich das packen würde. Mittlerweile geht es ganz gut, man muss sich da halt reinarbeiten.
Man liest und hört viel über Sie. Sie mischen sich ein und manchmal mischen Sie auch auf. Ins Sachen Deutsche Bahn und der geplanten Neubautrasse durch den Landkreis Uelzen sowie auch bei der Beseitigung von Telefonstörungen waren, bzw. sind Sie ja sehr aktiv. Wie kam es denn dazu und wie ist da eigentlich der Stand?
In Sachen Deutsche Bahn und der Neubautrasse durch unseren Landkreis Uelzen und das direkt durch unser Vereinsheim des SC Kirch- u. Westerweyhe weiter durch unseren schützenswerten Stadtwald, dem Trinkwasserschutzgebiet vorbei am Bestattungswald und dem Wildgatter, dass ging für uns hier in Uelzen überhaupt nicht. Da wir in Kirchweyhe schon Erfahrung mit einer Bürgerinitiative (BI) hatten, seiner Zeit die Geschichte mit der B4 Ortsumgehung, haben wir uns entschlossen wieder eine BI aufzubauen. Übrigens bin ich da Dirk Marwede und den anderen Mitgliedern aus der Planungsgruppe sehr dankbar, dass wir die „BI Kirch- und Westerweyhe DB Trassenwahn“, später dann die „BI Region Uelzen DB Trassenwahn“ gegründet haben. Gemeinsam waren wir, mit über 750 Mitgliedern der BI, sehr sehr aktiv und haben es geschafft, dass dieses Thema da gehört wurde wo Entscheidungen getroffen werden. Und wenn so kommt wie wir Alle hoffen, startet der Ausbau der Bestandstrecke Uelzen – Hamburg, also ALPHA E, im Jahre 2029. Aber wir wissen auch, dass die Deutschen Bahn weiterhin plant und jeder Zeit eine andere Neubaustrecke oder ein bestandsnaher Ausbau auf den Tisch kommen kann. Das soll heißen, dass unsere BI weiterhin bestehen bleibt und wir die Augen und Ohren aufhalten müssen. Da war ja noch die Frage nach den Telefonstörungen mit der Telekom. Eigentlich war das ein Thema nur für uns hier in Kirch- u. Westerweyhe. Aber das hat sich dann auf weite Bereiche des Landkreis Uelzen ausgeweitet. Wie es dazu kam wollten Sie wissen. Hier in Westerweyhe erhielt ich Informationen, dass einige Telefonanschlüsse nicht funktionierten und das die Telekom sich nicht so richtig angesprochen fühlte und die Störungen nur schleppend und teilweise gar nicht behandelt wurden. Mir wurden dann immer mehr Störungen gemeldet. Nur was tun war die Frage? Also schaltete ich die Medien wie Funk und Fernsehen ein. Tage später erhielt ich einen Anruf aus dem Büro eines Konzernbeauftragten, der einen direkten Draht zum Vorstand der Telekom hat. Wir führten ein langes und sehr konstruktives Gespräch und suchten nach Lösungen. Am Ende trafen wir Vereinbarungen die für beide Seiten tragbar waren. Die gemeldeten Störungen wurden aufgelistet und dem Konzernbeauftragten gemeldet. Zur Störungsbeseitigung gab es täglich Rückmeldungen. Unzählige Störungen wurden gemeldet und m.W. konnten nur eine oder zwei Störungen (noch) nicht beseitigt werden. Es war schon schön wie wir miteinander umgegangen sind. Fair und konstruktiv und beide Seiten haben Ihr Wort gehalten. Das hat mir gezeigt, wie man in den Wald ruft, so kommt es auch zurück.
Sie waren ja sehr aktiv mit der Klönbox, was ist das eigentlich und wie kam es denn dazu?
Am Montag, den 30. Oktober 2023, haben wir mit über 100 Beteiligten aus beiden Ortsteilen einen Kinder-, Jugend- u. Seniorentreff auf dem Westerweyher Festplatz errichtet. Die Aktion wurde vom NDR Fernsehen sowie von Radio Niedersachsen begleitet. Nachmittags wurde live im Radio berichtet und abends zeigte das NDR-Fernsehen zwei 4 minütige Reportagen. Dazu sollte man wissen, wieso die Könbox auf dem Festplatz aufgestellt werden sollte. Auf dem Festplatz befindet sich ein Toilettenhaus mit Waschgelegenheiten, eine einzeln stehende Sitzbank und eine Sitzgruppe mit Tischen. Außerdem befindet sich dort ein Boulefeld, dass hauptsächlich von der Seniorengruppe genutzt wird. Neben dem WC-Häuschen steht ein Lagercontainer den die Landjugend nutzt. Dieses ist ein ausgedienter Bürocontainer für Sitzbänke und anderen Utensilien. Der Festplatz wird für diverse Großveranstaltungen und auch zum Golfspielen genutzt. Unsere Feuerwehr nutzt das Gelände als Übungsplatz. Kommen wir zum Hintergrund des Projektes: Vor unserer Ortsratssitzung, am 12.10.2023, sprach mich der Ortsratskollege Sascha Plachetka an, ob ich mir nun schon Gedanken gemacht hätte, wie und wo wir denn jetzt nun einen Treffpunkt für Jugendliche, die nicht in der Landjugend (LJ) sind, erstellen könnten? Hier muss man dazu sagen: Einige Jugendliche treffen sich in Westerweyhe in Bushaltehäuschen, oft mitten im Ort. Sitzen dort, unterhalten sich, auch manchmal lauter und das wird leider von einigen Anwohnern nicht gern gesehen. Sascha sagte, ich habe eine Idee, benötige aber Deine Unterstützung. Er zeigte mir Fotos von Containerboxen und meinte, so etwas bauen wir auch auf den Festplatz auf. Dort können sich die Jungs und Mädchen ungestört, zu jeder Zeit und bei jedem Wetter, verabreden und treffen. Also sagte ich zu. Dann ging alles rasend schnell. Schon am nächsten Tag, also am 13.10.2023, kam ein Containerangebot über 2.085,50 EUR einschl. Lieferung. Dieser Überseecontainer hat die Maße 2,50m x 6,00m und wiegt 2,3 t. Ups, dachte ich nur, stolzer Preis.
Noch am gleichen Tag folgten Gespräche mit der Verwaltung ob ich überhaupt das Ortsratsbudget dafür verwenden darf. Ich habe ja eigentlich nur 2.000 Euro im Jahr zur Verfügung. Was ist wenn ich mehr brauche? Egal dachte ich, dann hole ich mir das von einem anderen Ortsrat, das haben wir früher auch schon mal gemacht. Die Zusage der Verwaltung für die Anschaffung erfolgte noch am gleichen Freitagnachmittag. Sascha Plachetka führte am Wochenende weitere Gespräche mit dem Händler, ob man die Kosten senken könne, wenn der Container vom THW abgeholt werden würde und er betonte, dass es sich um ein dörfliches Jugendprojekt handelt. Letztendlich wurde ein super Preis, unter 2.000€ einschl. Lieferung vereinbart. Aber die Sache hatte einen Haken. Der Vorgang musste schnellstmöglich und zwar schon am Dienstag den 17.10.2023 erfolgen, aber ohne Abladen des Containers und einen zeitlichen Termin. Nämlich 12.00 Uhr mittags auf dem Festplatzgelände in Westerweyhe. Sascha besorgte also einen THW-Kranwagen zum Abladen und der war dann auch pünktlich vor Ort. Der Container wurde erfolgreich abgeladen und im Seitenbereich des Festplatzes zwischengelagert. Noch am gleichen Tag erfolgte mit Horst Winkler, Chef der Westerweyher Seniorengruppe, das erste Lagegespräch. Der mögliche Standort wurde inspiziert und festgelegt. Am nächsten Tag, also Mittwoch, kam der schon der Anruf von Horst Winkler. Du kannst vorbeikommen, das Gelände ist vom Strauchwerk befreit und freigelegt. Es kann weitergehen. Horst Winkler zeigte mir auf was alles benötigt wird. Sand, Split, Steine, Platten etc. Also rief ich bei der Verwaltung der Hansestadt Uelzen an und fragte höfflich nach gebauchten Materialien. Es gab eine Zusage und man fragte nur, wann brauchst Du das und wo soll das hingebracht werden. Ach, dachte ich, dass klappt ja mal wieder richtig gut. Ja, morgenfrüh zum Festplatz.
Besprochen, bestellt und abgehakt. Klasse Sache. Dann gab es aber auch am Mittwoch noch ein weiteres spannendes Gespräch, nämlich mit dem NDR. Noch während des Gespräches wurde ein wahrscheinlicher Drehtermin vereinbart, der aber nur am 30.10.2023, jedoch ohne Zusage stattfinden könne. Ups und schon wieder ein Haken. Es musste die ganze Geschichte sowie der geplante Ablauf, drehreif aufgeschrieben werden und noch am gleichen Tag dem NDR, zur Redaktionsbesprechung, vorlegt werden. Na ja dann ran ans Werk. Es kam der Freitag, 9.00 Uhr, ich traute meine Augen nicht, da war auf dem Festplatz ein Radlader und schob den Mutterboden ab, dort wo der Container stehen soll. Und Horst stand dabei und gab Anweisungen. Läuft doch. Und siehe da, das bestellte Material wurde auch angeliefert. Noch am gleichen Tag, Freitag, wurde Split eingebracht und das Gelände für das Herstellen der Containerauflager vorbreitet. Samstagmorgen kam ein Teleskoplader der Firma Agravis und setzte den tonnenschweren Container dorthin wo er stehen sollte. Gut gemacht Torben Salz, Mitglied der Westerweyher Landjugend, dachte ich so, auf Dich kann man sich auch super verlassen. Am Montag rief dann der NDR an und hat grünes Licht für den Drehtag am 30.10.2023 gegeben. Dienstag wurden an den Containerwänden Flächen markiert, die dann am Freitagabend durch das TWH Uelzen herausgeschnitten wurden. Dazu hat das THW einen Übungsabend veranstaltet nach dem Motto „Öffnung eines Stahlcontainers in Gefahrenlage“. Großes Spektakel mit viel Feuer, Flammen und Funken und unwahrscheinlich viel Lärm. Am Samstagmorgen wurden von Sascha alle Schnittstellen am Container entgratet. Und damit sich dann auch wirklich niemand an den Eisenkanten verletzen kann, wurden die von einer Tischlerfirma gelieferten und gesponserten Holzbretter mit den Schnittstellen verschraubt. Man muss ja wirklich an alles denken. Ja und dann kam der spannende Montag, der 30.10.2023, nach genau 18 spannenden, ereignisreichen Tagen.
Der Fertigstellungstag und das mit den Medien. Echt klasse dachte ich und hoffte nur, dass alles weiterhin so gut läuft. Es waren an dem Tag über 100 ehrenamtliche Menschen vor Ort und haben mit Hand angelegt. Das Gelände vor dem Container wurde eingeebnet und Gehwegplatten ausgelegt. Der Zugang zum Container wurde alters- und behindertengerecht hergestellt. Dafür war die Seniorengruppe Westerweyhe zuständig. Die Sitzgelegenheiten im Innenbereich bestehen aus Europaletten. Diese sind am Fußboden des Containers fest verschraubt. Die Möbel haben die Jungs und Mädels von der Kinder- u. Jugendfeuerwehr zusammengebaut. Die Uelzener Unternehmen hat Europaletten sowie Geld für Sitzkissen gesponsert. Bürgerinnen und Bürger haben Kaffee und Kuchen vorbeigebracht und an die Helfer und Kinder verteilt. Die Kirchweyher Wehr war mit einem Großfahrzeug vor Ort, begleitet von vielen Akteuren der Kinder- und Jugendfeuerwehr. Stefan Lingg hat Waffelteig gesponsert. Er hat Ihn selbst vorbereitet, gebacken und an alle verteilt. Der Lions-Club Uelzen hat Erbsensuppe, die Barth-Catering zubereitet hat, gesponsert. Der Club Heideblume hat Getränke gestellt. Und alles umsonst!! Und der krönende Abschluss war dann am Nachmittag, die Namensgebung des Containers. Der Kinder-, Jugend- und Seniorentreff hat nun endlich einen Namen „Klönbox“. Eine super tolle Aktion und das alles mit Ehrenamtlichen. Ich bin mächtig stolz auf das was hier das Ehrenamt geleistet hat und würde jeder Zeit weitere Projekt in unseren Ortschaften umsetzen wollen. Denn es macht einfach nur Spaß mit solch tollen Menschen zusammen zu arbeiten.
Foto: privat