Von Michael Michalzik
Berlin/Uelzen. Die Ampelregierung zerbricht. Bundeskanzler Olaf Scholz hat Mittwochabend mit sehr deutlichen Worten die Trennung von Finanzminister Christian Lindner bekanntgegeben – und damit das Ende der Koalition besiegelt. Der Bundeskanzler hat angekündigt, im Januar die Vertrauensfrage zu stellen. Im März könnte es dann zu Neuwahlen kommen. Oppositionsführer und CDU-Chef Friedrich Merz sieht das anders, er will, dass Scholz bereits jetzt die Vertrauensfrage ausspricht. Die Uelzener Nachrichten haben bei unseren zuständigen Bundestagsabgeordneten nach ihrer Einschätzung der Lage in diesen schwierigen Tagen gefragt.
Julia Verlinden (Bündnis 90/Die Grünen) spricht von einem Koalitionsbruch seitens der FDP. Die stellvertretende Fraktionsvorsitzende äußert sich wie folgt: „Angesichts der Lage in der Welt und Europa wäre es verantwortungsvoll gewesen, als Koalition gemeinsam relevante Entscheidungen zu treffen. Vor allem hätte diesen Monat ein Bundeshaushalt für 2025 beschlossen werden müssen. Die FDP ist vor dieser Verantwortung geflohen. Stattdessen wollte sie mit einer radikalen Kürzungspolitik den gesellschaftlichen Zusammenhalt, Klimaschutz und die Unterstützung der Ukraine zugunsten ihrer parteitaktischen Ideologie opfern. Die Menschen erwarten zurecht, dass die Politik sich um wichtige Themen ihres Alltags kümmert, z.B. um den besseren Schutz der Mieter*innen vor explodierenden Kosten und eine funktionierende Bahn. Dafür werben wir nun für neue Mehrheiten im Parlament.“
Dirk-Ulrich Mende (SPD): "Die Ereignisse sind ja nicht wie ein Erdbeben über uns gekommen. Den Bruch hat der FDP- Vorsitzende Lindner ja längst vorbereitet und seit Wochen forciert. Mit seinem gezielten 'Scheidungspapier' hat er in alter FDP-Tradition einen wirtschaftspolitischen Aufhänger gesucht und gefunden, um sein Scheitern und seine mangelnde Bereitschaft, Verantwortung zu übernehmen, zu kaschieren. Verkehrsminister Wissing zeigt dagegen, wie Verantwortung getragen wird! Ich persönlich habe diese Entscheidung auch als befreiend empfunden. Das gilt sicher auch für große Teile der Partei.
Henning Otte (CDU): „Das Scheitern der Ampel-Regierung vollzog sich etappenweise und begann mit der ‚Zeitenwende-Rede‘ des Bundeskanzlers, weil sie von ihm nie richtig umgesetzt worden ist. Deutschland braucht jetzt schnell Stabilität! Dazu muss der Bundeskanzler spätestens in der kommenden Woche die Vertrauensfrage stellen, um den Weg für Neuwahlen freizumachen. Mein Eindruck ist, dass Olaf Scholz mit seiner vorbereiteten Rede den Bruch seiner Regierung länger geplant hat. Die schwierigen nationalen und internationalen Herausforderungen erfordern es, parteipolitisches Taktieren jetzt zu unterlassen und das Wohl des Volkes und des Landes in den Mittelpunkt zu stellen. Einen Stillstand kann sich Deutschland gerade jetzt nicht mehr leisten.
Ein Neustart durch Neuwahlen ist für Deutschland die beste Lösung. Ich werde als Mitglied des Bundesvorstandes der CDU am konkreten Regierungsgramm mitarbeiten und insbesondere die notwendigen Verbesserungen für den ländlichen Raum und die Verteidigungspolitik einbringen. Also die Dinge, die ich auch aus meiner Wahlkreisarbeit und den Gesprächen mit nach Berlin nehme."
Anja Schulz (FDP): "Der gestrige Abend hat gezeigt, dass die Ampel-Koalition keine gemeinsame Arbeitsgrundlage mehr besitzt. Mit SPD und Grünen war es nicht möglich, die dringend notwendige Wirtschaftswende für unser Land auf den Weg zu bringen. In einer Zeit, in der es täglich neue Meldungen über Abwanderungen, Stellenabbau und Gewinneinbrüche gibt, gehört es zu meiner staatspolitischen Verantwortung, diese Blockadepolitik nicht länger mitzutragen.
Symbolfoto (Adobe Stock): Das Bundeskanzleramt in Berlin - wer hat hier künftig das Sagen?