Uelzen/Landkreis. Das Institut für gemeinnützige Dienstleistungen mit Sitz in Suderburg veranstaltete vom 21 bis 25. November ein Seminar für zeitgenössische Managementforschung (Contemporary Studies in Management, CoSiM) in Uelzen. Dem Ruf von Geschäftsführer Prof. Markus Launer folgten dieses Jahr acht Forscher / innen aus Japan, Pakistan, Türkei und Schweden. Bürgermeister Jürgen Markwardt stellte den Ratssaal zur Verfügung und begrüßte die Gäste mit den Worten „Forschung müsse auch Ergebnisse für die Praxis bringen“. So gaben sich alle noch mehr Mühe.
https://institutfuerdienstleistungen.com/en/e-learning-services/
Prof. Fatih Cetin von der Baskent University (Türkei) präsentierte die Ergebnisse der Studie zu „unbewusste, intuitive Entscheidungen in Uelzen“. In 2022 hatten 300 Probanden an der elektronisch verteilten Studie teilgenommen. Mit der Studie bestätigten beide einmal mehr das neue Model für rationale und intuitive Entscheidungen im Management von Launer. Zudem fand Cetin heraus, dass in Uelzen auf Basis des Myers Briggs Indikators zwei von insgesamt 16 typischen Charakteren besonders hervorstechen. Der erste Typ wird „Executive“ (Führungskraft) genannt. Diese Menschen sind Traditionen sehr verbunden, folgen Regeln, lieben Sicherheit und möchten gerne den Status quo beibehalten. Der andere Typ ist der „Mediator“ (Vermittler). Diese Menschen sind emotional der Kunst und Musik zugetan, wollen die Welt verbessern und Menschen helfen. Sie sind um große Sorge für Mitmenschen. Insgesamt waren die Uelzener eher emotional orientiert als faktisch rational. „Etwas stur und sehr langfristig orientiert sind sie wohl auch“ fügte Cetin hinzu. Zusammen mit Dr. Frithiof Svenson, ehemals UIT University Norwegen, und Prof. Piotr Pietrzak von der Warschau University of Life Science (Polen), veröffentlichte Launer zum Thema eine systematische Literaturstudie.
https://munin.uit.no/handle/10037/31971
Dr. Muhammad Daud Ali von der University Haripur (Pakistan), Eoghan Jennings aus Ahnsbeck (vormals Irland) und Svenson diskutierten die Wirkung unbewusster, intuitiver Entscheidungen auf den Unternehmergeist von Start-up Organisationen. Basierend auf dem Model von Launer, Svenson und Cetin über zehn verschiedene Arten von Intuition erklärten sie, dass Unternehmer Holistische Intuition, Emotionale Intuition und Antizipation benötigen. Es bedarf einer übergeordneten Unternehmeridee, einem sehr guten Gespür für die Führung von Menschen in kleinen Unternehmen und einem Instinkt für zukünftige Entwicklungen. Die Forscher sehen dafür eine gute Grundlage in Uelzen. Demgegenüber stehen bspw. die Polizei, die Feuerwehr und Notärzte / innen, die innerhalb von Sekunden am Einsatz- oder Unfallort Entscheidungen auf Basis ihrer Erfahrung und Trainings treffen müssen. Launer präsentierte für diese Zielgruppen das Intuitionskonzept im letzten Jahr vor Ort bei der Polizei und der Feuerwehr und im MyYoga Studio von Nicole Zasendorf-Kinder. Ali beschrieb auch die Wichtigkeit spontaner Intuition für kreative Prozesse und dass Problem des sog. Avoidance, d.h. wenn Menschen Angst vor Entscheidungen haben. Die vielen Kleinunternehmen in Uelzen bezeugen dabei, dass der sog. Entrepreneurial Spirit hier stimmt. Ali will weiter an den Daten für Uelzen arbeiten und Unternehmertum in Deutschland erforschen. Dazu suchen beide derzeit eine Finanzierung. Svenson hatte mit Launer gerade eine Studie veröffentlicht, die Banken und Bauern miteinander vergleichen. Die Studie zeigte, dass Bauern ihre Entscheidungen eher auf ihre jahrelange Erfahrung und Intuition basieren als auf moderne Technologien. Die Werte für Uelzen waren dabei sehr gut.
https://www.sciencedirect.com/science/article/pii/S2772662224000316
Michael Kindahl aus Schweden, ein Spezialist für Parksysteme und Smart City Konzepte, analysierte die Park- und Verkehrssituation in Uelzen. Mit Dipl.Vw. Joachim Delekat diskutierten Sie verschiedene intelligente Konzepte, die für mittelgroße Städte in ländlichen Regionen passen. Kernthema war die Parkplatzsituation am Bahnhof und am Einkaufszentrum, die Vollsperrung am Bahnhof aufgrund der Bahnbrückenrenovierung und das geplante Parkhaus für die Berufsbildenden Schulen. Delekat fügte hinzu: „Die Parkplatzsituation in Uelzen ist insbesondere zu Wochenmarktzeiten Mittwochs und Samstags ungünstig, da Ältere und z. B. Gehbehinderte auf ein Innenstadt-nahes Parken angewiesen sind. Daher ist es zu begrüßen, dass ein temporärer Bedarfsparkplatz auf dem ehemaligen Polizeigelände eingerichtet wird. Dass die Bahn den Tunnel bzw. die Brücke am Bahnhof nicht zeitnah umbaut ist allerderdings, vorsichtig ausgedrückt, skandalös.“ Schon 2023 veröffentlichten die Forscher zum Thema Smart City Konzepte, die auch für Uelzen interessant sind.
Prof. Özlem Atay von der Ankara Universität (Türkei) präsentierte erste Ergebnisse einer Analyse zur Gleichstellung von Mann und Frau in Uelzen, Deutschland und der EU im Vergleich zur Türkei. Bisher ist das Model eher auf Rollenbildern und kulturellen Gegebenheiten aufgebaut. Launer fügte hinzu, dass Entscheidungstheorie mit aufgenommen werden müsse. Frauen, die erfolgreich werden möchten, müssen selbst entsprechende Entscheidungen treffen und traditionelle Rollenbilder überwinden. Wichtig ist in diesem Zusammenhang beispielweise, dass die erfolgreiche Karriere erst mit ca. 40 Jahren beginnt und bis 60 dauert. Eine lange Zeit, in der Männer wie Frauen flexibel sein müssen um Führungsaufgaben zu übernehmen. Die Ergebnisse knüpfen an die Präsentation von Tanja Neumann im letzten Jahr, die damals als Gleichstellungsbeauftragte der Stadt Uelzen über frauenORTE und die Rolle von Henriette Praesent sprach. Zusammen mit Forscherinnen Dr. Vasudeva und Dr. Kaur aus Indien und Azra Tajhizi aus dem Iran will Launer das sog. Empowerment für Frauen weitern fördern. Erste Ergebnisse wurden bereits 2022 im ersten CoSiM Journal veröffentlicht.
Dr. Natsuko Uchida von der Ferris Universität (Japan) stellte ihr Konzept vor, wie Menschen mit wenig Computer-Erfahrung ein Grundverständnis für Programmierung spielend erlernen können. Das erste Konzept stellte sie 2019 in einem Workshop in Suderburg zusammen mit Prof. Yasushi Kuno (Tokio University, Japan) vor. Das Endergebnis ihrer Studie wandte sie für Bildungseinrichtungen in Uelzen an. OStD Stefan Nowatschin war begeistert und versprach das Konzept an der BBS1 auszuprobieren. Es passe gut zur Initiative „Digital unterstützte und nachhaltigkeitsorientierte Exzellenzzentren Beruflicher Bildung in Europa gestalten (DUNE-BB_EU)“. OStR Frank Nierath fügte die Erfahrungen aus der Einführung von Tablett Computern an der BBS1 hinzu. Beide diskutierten die Ergebnisse mit Schüler / innen der Abiturklasse in Uelzen unter der Leitung des zweiten Schülersprechers Yanith Lemmermann. Die Schüler / innen bedankten sich auch für das Sponsoring für den Lebensmittelautomaten an der BBS1, in dem sie gesunde Nahrungsmittel anbieten.
https://www.bbs1uelzen.de/netzwerke-und-kooperationen/
Alle Ergebnisse werden nun verfeinert und im CoSiM Journal (Onlinezeitschrift aus Suderburg) des Institutes für gemeinnützige Dienstleistungen veröffentlicht. Ziel ist es internationale Forschung von und für Uelzen in einer Veröffentlichung zusammen zu fassen. Doktorant Yousseff Al Archi von der University Tanger in Marokko präsentierte dazu verschiedene Konzepte für das Anfertigen von Literaturstudien. Auf dieser Basis können Forscher aus Uelzen zu guten Forschungsergebnissen kommen. Gerade zum Management im ländlichen Raum fehlen dazu noch Veröffentlichungen. https://institutfuerdienstleistungen.com/en/cosim-journal/
Dazu kommen auch die Ergebnisse der globalen Studie von Launer mit Prof. Dave Marcial von der Silliman Universität (Philippinen) über digitales Vertrauen. Zusammen begeisterten sie 2021 bis 2023 über 30 Forscher / innen aus 20 Ländern 5570 Teilnehmer/innen an einer globalen Studie teilzunehmen. Viele Teilergebnisse wurden bereits in Journalen veröffentlicht. Das Projekt folgte dem EFRE Forschungsprojekt „Digitales Vertrauen und Teamwork“, das Launer in seinem Institut international weiterführte.
Mit Prof. Erik Capistrano von der University of the Philippines in Manila, der 2019 in Suderburg zu Gast war, erweiterte Launer die Theorie zum Thema digitales Vertrauen um die sog. Activity Theory. Prof. Harald Kitzmann fügte mit Launer eine Veröffentlichung zu Künstliche Intelligenz und Weisheit hinzu.
Zusammen mit Prof. Cetin und Prof. Joanna Paliszkiewicz von der Warschau University of Life Science (Polen) erweiterte Launer das Konzept und verglich die Daten international zwischen Uelzen, Deutschland, China und den USA. Digitales Vertrauen ist heute die Basis für Internationalität, auch in Uelzen. Delekat betonte dabei dass der Breitband-Internetausbau dafür besonders wichtig ist.
Für 2025 plant das internationale Netzwerk weitere Studien international zum Thema Intuition in 20 Ländern in 14 Sprachen an der Hochschule, an der Launer lehrt und forscht. Auch weitere Forschungsseminare sind geplant, auch im Ausland.
Foto: privat