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Vor 80 Jahren: Als der sinnlose Befehl zum Widerstand für die Zerstörung der historischen Uelzener Innenstadt sorgte

  • Subtitle: Uelzen

Uelzen. Vor 80 Jahren endete auch für Uelzen der Zweite Weltkrieg. Doch anders als in Lüneburg und Celle bestanden die Uelzener Stadtoberen darauf, die Stadt bis zum Ende zu verteidigen. Wie auch zuvor in Wieren setzten die Kommandeure der anrückenden britischen Truppen ihre Männer angesichts des ohnehin gewonnenen Kriegs keinen sinnlosen Risiken mehr aus: Wo Widerstand vermutet wurde, setzten britische Artillerie und Jagdbomber der Royal Air Force feindliche Gegenwehr konsequent außer Gefecht.

In Wieren wurden mehrere Gebäude in der Hauptstraße beschädigt und zerstört. In Uelzen hatte das sinnlose Gegenhalten der örtlichen Nazi-Führung weit schlimmere Konsequenzen: Der historische Kern der Innenstadt wurde in weiten Teilen zerstört. So wurde unter anderem der Turm der Kirche St. Marien schwer beschädigt, das Stadtarchiv samt wertvollen mittelalterlichen Manuskripten und Urkunden vernichtet. Gegen zähen deutschen Widerstand mussten sich die britischen Truppen Haus um Haus vorarbeiten. In den Gassen der mittelalterlichen Fachwerkstadt machten britische Panzer und Flammenwerfer kurzen Prozess mit einem letzten Aufbäumen hastig zusammengestellter Verbände von „Wehrmacht“ und „Volkssturm“.

Das Stadtarchiv Uelzen berichtet dazu: „Gertrud Polchow (geb. Stiebig), die damals als Fotolaborantin im Fotogeschäft Tegeler angestellt war, hielt die letzte Kriegszeit in Uelzen sowohl fotografisch als auch mit Tagebucheinträgen fest. Am 16. April fotografierte sie den brennenden Turm von St. Marien. Am 17. April überschlugen sich die Ereignisse, aber noch wurde die Stadt nicht eingenommen. Morgens wurde der Artillerie-Hauptmann Erich Marquardt in einem Bunker in der Nähe des Clubhauses nach einer Denunziation verhaftet. Der Hauptmann, der an Gefechten um Stadensen teilgenommen hatte, war vor Erschöpfung einen Moment eingeschlafen. Er wurde mittags im Garten des Clubhauses im Beisein des stellvertretenden Kreisleiters Schneider standrechtlich erschossen. Parallel zu diesem Ereignis wurde von alliierter Seite (mehrmals) versucht, die Deutschen zur kampflosen Übergabe der Stadt zu bewegen. Der Dolmetscher Kurt Altner, der in Veerßen lebte, das bereits von den Truppen der Royal Army eingenommen worden war, wurde von diesen mit der Aufgabe betraut, zum deutschen Stadtkommandanten zu gehen. Bis um 14 Uhr nachmittags sollte eine Feuerpause eingelegt werden. Altner wurde in der Veerßer Straße verhaftet und im Clubhaus unter militärische Bewachung gestellt. Nach längerer Zeit wurde er vom Kreisleiter Schneider zur Rede gestellt, der ihm Landesverrat vorwarf und dass er sich darauf einzustellen habe, entsprechend behandelt zu werden. Uelzen würde verteidigt bis zum letzten Mann, auch wenn es dabei vernichtet würde. Gleichzeitig wurde der Luftschutzführer Dr. Hövermann ins Clubhaus bestellt und aufgefordert, die Ilmenaubrücke zu sprengen, was dieser mit dem Hinweis, keinen Sprengstoff zu besitzen, umgehen konnte. Der Volkssturm sollte die Brücke nun mit Hacken und Äxten zerstören. Diese idiotische Arbeit wurde sogar noch, aber mit erwartungsgemäß geringem Erfolg, begonnen. Der für die Verteidigung verantwortliche Oberst sowie der Kreisleiter setzen sich in der Dunkelheit aus Uelzen ab.

Am 18. April stellten die Deutschen in Uelzen das Feuer ein, der Zweite Weltkrieg war für die Hansestadt beendet.

Foto (Stadtarchiv Uelzen): Der brennende Turm der St.-Marien-Kirche.