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Tierwelt

Ein starkes Team: Eeske und ihre Assistenzhündin Marley

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Radenbeck. Seit ihrer Geburt lebt die heute sechsjährige Eeske Schrieber mit einer körperlichen Beeinträchtigung. Viele Dinge, die für andere Kinder selbstverständlich sind, bedeuten für sie eine Herausforderung. Doch an ihrer Seite steht nun Marley – eine Assistenzhündin, die Eeske im Alltag unterstützt, ihr Sicherheit gibt und Schritt für Schritt mehr Selbstständigkeit ermöglicht. Eine Geschichte über Mut, Zusammenhalt und eine ganz besondere Freundschaft.

Von unserer Redaktion

Noch vor einigen Wochen war Eeskes Alltag deutlich mühsamer. Türen öffnen, das Licht anschalten, sich die Socken ausziehen – all das kostete Zeit und Kraft und war für das Mädchen oft nicht allein zu bewältigen. Seit Marley da ist, ist vieles leichter geworden. Die junge Labradorhündin ist Eeskes Begleiterin, Spielgefährtin und Beschützerin zugleich. „Marley ist für Eeske wie eine beste Freundin“, sagt Jessica Schrieber, Eeskes Mutter. „Sie tröstet, wenn Eeske traurig ist, sie motiviert, wenn etwas schwerfällt. Und sie bringt uns als Familie unendlich viel Freude.“

Ein Leben mit besonderen Herausforderungen

Eeske ist sechs Jahre alt und neugierig auf alles, was die Welt zu bieten hat. Sie ist ein aufgewecktes, fröhliches Mädchen und meistert ihr Leben mit einer beeindruckenden Stärke. Eeske kam mit einer angeborenen Fehlbildung an der Lendenwirbelsäule zur Welt und kann dadurch ähnlich wie bei einer Querschnittslähmung nicht aus eigener Kraft stehen und laufen. Aus diesem Grund ist sie auf den Rollstuhl oder Orthesen angewiesen und benötigt in vielen anderen Bereichen Unterstützung.

Seit August ist Eeske Schulkind. „Wir haben großes Glück, eine wunderbare Schulbegleitung gefunden zu haben, die Eeske unterstützt“, sagt Vater Robert Schrieber. „Ohne sie wäre es kaum möglich, dass unsere Tochter eine reguläre Schule besucht. Eeske ist klug, witzig und frech – ein Mädchen wie jedes andere, das nur nicht laufen kann. Uns war wichtig, dass sie gemeinsam mit körperlich gesunden Kindern lernen und einfach dazugehören kann.“

Trotz der Herausforderungen im Alltag sieht die Familie das Gute in jedem Tag. Seitdem Marley bei ihnen wohnt, ist es im Hause Schrieber noch lebendiger und fröhlicher geworden. Doch bis die Hündin einziehen konnte, war es ein weiter Weg. Ein Weg, der Mut, Geduld und Zuversicht erforderte und der ohne die Hilfe vieler Menschen nicht möglich gewesen wäre.

Aus einer Idee wächst eine Welle der Hilfsbereitschaft

Die Idee, Eeske einen Assistenzhund zur Seite zu stellen, entstand eher zufällig. Im Herbst 2023 besuchten die Eltern eine Rehabilitationsmesse, um sich über Möglichkeiten des barrierefreien Wohnens zu informieren. „Dort kamen wir an mehreren Ständen mit Assistenzhunden vorbei“, erinnert sich Robert Schrieber. „Einer davon hat uns wirklich beeindruckt. Die Hunde lagen dort ruhig und friedlich auf dem Boden. Es war eine entspannte Atmosphäre und wir konnten uns ausführlich beraten lassen.“ Die Tiere gehörten zum WZ Hundezentrum im mecklenburgischen Lalendorf, das sich auf die Ausbildung von Assistenz- und Therapiehunden spezialisiert hat.

Kurz darauf reifte der Gedanke: Ein solcher Hund könnte Eeske im Alltag eine große Hilfe sein. Doch die Anschaffung eines Assistenzhundes ist mit hohen Kosten verbunden – 35.000 Euro waren es in diesem Fall. Dazu muss man wissen, dass den Tieren von klein auf weit mehr beigebracht wird als „Sitz“ und „Platz“. Sie lernen, in stressiger Umgebung gelassen zu bleiben, Ruhe auszustrahlen, Verantwortung zu übernehmen und ihren Menschen in jeder Situation verlässlich zur Seite zu stehen.

Da es keinen Zuschuss von der Krankenkasse gab und Familie Schrieber die Summe nicht alleine aufbringen konnte, starteten sie gemeinsam mit dem Hundezentrum eine Spendenaktion. „Wir haben Flyer per Post verschickt und Aufrufe über soziale Medien verbreitet. Zusätzlich haben verschiedene Zeitschriften Artikel über unser Vorhaben veröffentlicht, so dass wir noch mehr Menschen erreichen konnten“, erzählt Jessica Schrieber. Ihr Mann ergänzt: „Die Resonanz war überwältigend. Nach wenigen Monaten war der erforderliche Betrag zusammengekommen.“ Unterstützung erhält die Familie auch von den Uelzener Versicherungen, die auf Tierversicherungen spezialisiert sind. Sie stellen drei Jahre lang kostenfrei eine Hundehaftpflicht- und Hunde-OP-Versicherung für Marley zur Verfügung, damit die Schriebers im Ernstfall finanziell abgesichert sind.

Vom Hundezentrum ins neue Zuhause

Im Sommer 2024 wurden Familie Schrieber drei junge Hunde vorgestellt, die nach Einschätzung des Hundezentrums gut zu ihnen passen könnten. „Marley war die Erste, die wir kennenlernten“, erzählt Mutter Jessica. „Eeske und sie hatten sofort eine Verbindung zueinander und es war klar: Sie ist die Richtige.“

Die Hündin blieb noch ein weiteres Jahr zur Ausbildung im Hundezentrum. Während dieser Zeit besuchten Eeske und ihre Familie sie regelmäßig, um ihre Entwicklung zu begleiten. Im Juli – nach fast zwei Jahren der Vorfreude – war es endlich so weit: Marley durfte einziehen. „Das war einer der schönsten Tage überhaupt“, sagt Robert Schrieber. „Wir haben so lange darauf gewartet und nun konnte sie bleiben.“

Seitdem ist Marley fester Bestandteil der Familie. „Sie ist aufmerksam, ruhig und ausgeglichen – genau das, was Eeske braucht“, sagt Jessica Schrieber. Auch die ältere Schwester Emma hat in Marley eine Gefährtin gefunden. Sie bringt ihr kleine Kunststücke bei, spielt mit ihr im Garten und hat dabei mindestens genauso viel Spaß wie die Hündin.

Ein Team wächst zusammen

Im Alltag unterstützt Marley, wo sie kann. Sie schaltet das Licht auf Kommando ein und aus, hilft Eeske dabei, die Socken auszuziehen, und ist geübt im Öffnen von Türen. Das erleichtert Eeske den Zugang zu den Räumlichkeiten im Haus.

Bald wird Marley auch Gegenstände bringen können, an die Eeske nicht herankommt. Im Dezember steht für Vater Robert und die Hündin nämlich der nächste Ausbildungsblock auf dem Plan: das Apportieren. Insgesamt müssen sie sechs Ausbildungsschritte absolvieren, bis im Mai 2026 eine Abschlussprüfung ansteht und Marley all das kann, was eine Assistenzhündin auszeichnet.

Doch Marley bedeutet für Eeske weit mehr als praktische Unterstützung. Sie verhilft ihr zu mehr Selbstbestimmung und Unabhängigkeit. „Marley gibt ihr das Gefühl, etwas von sich aus geschafft zu haben – und sei es nur dadurch, dass sie ein Kommando gegeben hat“, sagt Mutter Jessica. „Das stärkt ihr Selbstvertrauen.“

Hauptsache, geliebt!

Es sind vor allem die leisen Momente, die zeigen, wie viel Halt Marley dem Mädchen schenkt. „Neulich war Eeske traurig, weil sie nicht mitspielen konnte, als ihre große Schwester Besuch hatte“, erzählt Jessica Schrieber. „Da kam Marley, legte den Kopf auf ihre Beine und blieb einfach bei ihr. Sie spürt genau, wenn Eeske Trost braucht, und ist für sie da.“ Zwischen Eeske und ihrer Hündin herrscht eine besondere Offenheit: Sie begegnen sich ohne Vorbehalte und nehmen einander an, wie sie sind. Diese Unvoreingenommenheit wünschen sich die Eltern auch für Eeskes Zukunft: dass die Menschen ihrer Tochter genauso aufgeschlossen entgegen treten wie Marley.

Wenn man Familie Schrieber erlebt, spürt man, wie sehr Verbundenheit und Dankbarkeit den Alltag prägen. Auch wenn Eeskes Leben aufgrund ihrer körperlichen Einschränkungen nicht in allen Aspekten so verläuft wie das anderer Kinder, ist es von Liebe und Wärme erfüllt. „Viele Eltern sagen bei der Geburt: Hauptsache, das Kind ist gesund“, sagt Robert Schrieber. „Wir wissen, dass sich Glück nicht an Gesundheit allein misst. Deswegen sagen wir: Hauptsache, das Kind wird geliebt.

Unter dem Instagram-Account berichtet Familie Schreiber regelmäßig über Eeskes Alltag mit ihrer treuen Aisstenzhündin Marley.

Fotos: privat