Nach Schließung der Uelzener Jugendherberge: HeideRegion Uelzen e.V warnt vor Ausdünnung der touristischen Infrastruktur im Landkreis und den Folgen
Uelzen. Mit der Schließung der Jugendherberge Uelzen (https://www.uelzener-nachrichten.com/stadt-und-kreis/stadt-uelzen/8879-die-jugendherberge-uelzen-hat-ihre-tueren-endgueltig-geschlossen) gehen der Hansestadt weitere Übernachtungsmöglichkeiten verloren. Der Verein HeideRegion Uelzen e.V., der Tourismus-Angebote im Landkreis entwickelt und bündelt, warnt vor Einbußen und sinkenden Besucherzahlen.
Peter Gerlach, stellvertretender Geschäftsführer des Heideregion Uelzen e.V, gegenüber den Uelzener Nachrichten: „Die Schließung der Jugendherberge ist leider ein weiteres Beispiel dafür, wie sich die touristische Infrastruktur im Landkreis nach und nach ausdünnt.“
Gerlach weiter: „Beim Thema Gruppenunterkünfte sieht man, wie sich der Bestand in den letzten Jahren verringert hat. Nach dem Wegfall der Jugenddörfer in Molzen und Wieren sowie des Freizeitheims Bruchtorf verschwindet nun mit der Jugendherberge eine weitere Einrichtung, die vor allem für junge Menschen, Klassenfahrten, Gruppenangebote, aber auch für Familien wichtig war. Natürlich waren die Häuser in die Jahre gekommen, und Corona hat die Lage zusätzlich verschärft, aber auch ihr Fehlen wirkt sich wirtschaftlich aus: Es gibt weniger Übernachtungen, weniger Nachfrage beim Bäcker oder Handwerker, weniger Fahrgäste im Bus.“
Was die Bahnstreckensperrung Hamburg-Hannover 2026 belange: Die Sanierung ist sicher notwendig, aber sie wird, trotz Schienenersatzverkehr, spürbare Auswirkungen haben. Die Sperrung soll zum 1. Mai beginnen, also mitten zu der der beliebten Ausflugszeit im Frühjahr. Gerade für uns als RadReiseRegion ist das relevant, weil viele Tagesgäste und Radurlauber aus den umliegenden Großstädten anreisen. Im Schienenersatzverkehr wird es kaum möglich sein, eigene Fahrräder mitzunehmen, geschweige denn schwere E-Bikes. Das betrifft nicht nur Uelzen, sondern alle Orte entlang der Strecke, beispielsweise Bad Bevensen, wo viele Thermenbesucher aus Lüneburg oder Hamburg anreisen. Immer mehr Menschen in den Städten haben kein eigenes Auto mehr, weil sie es dort schlicht nicht brauchen. Für sie wird ein Ausflug in unsere Region in dieser Zeit erheblich umständlicher bzw. wird ausfallen."
Fatal sei auch, dass 2026 das Open R-Festival ausfallen werde. Viele der rund 20.000 bis 30.000 Besucherinnen und Besucher blieben über Nacht oder länger. Hotels, Pensionen und Ferienwohnungen waren oft weiträumig ausgebucht, teils zu deutlich höheren Preisen als sonst üblich. Peter Gerlach: „Der Wegfall bedeutet kulturellen Verlust und wird sich wirtschaftlich auswirken. Gastronomie, Beherbergungsbetriebe und Handel sind davon direkt betroffen, ebenso trifft es die nachgelagerten Branchen und das kommunale Steueraufkommen.“
Solche wirtschaftlichen Auswirkungen würden nach wie vor viel zu wenig wahrgenommen. Ein paar Betten weniger – was macht das schon? Aber das ist zu kurz gedacht. Wenn Einrichtungen wie eine Jugendherberge, ein Festival oder attraktive Freizeitangebote verschwinden, verliert die Region auch an Anziehungskraft und Sichtbarkeit: "Dies betrifft die Gäste, die wir für die Region gewinnen möchten, ebenso wie Einheimische, potentielle Neubürger oder dringend benötigte Fachkräfte."
„Vor diesem Hintergrund fällt mir auf, dass in den aktuellen Überlegungen zur wirtschaftlichen Weiterentwicklung der Hansestadt, etwa in den jüngsten Anträgen von CDU und SPD zur Gründung von Entwicklungsgesellschaften, der Tourismus gedanklich wohl überhaupt keine Rolle spielt. Man betont dort Themen wie Gewerbeansiedlung, Energieversorgung, Digitalisierung oder Forschung – alles zweifellos wichtige Punkte. Aber das Naheliegende, der Tourismus als regionaler Standort- und Wirtschaftsfaktor, ist kein Teil der Betrachtung. Als würden die Gäste von allein kommen und als stünde man nicht im Wettbewerb mit anderen Regionen“, hält Gerlach fest:
„Das ist für mich nicht nachvollziehbar, denn Tourismus ist aus fachlicher Sicht kein reines Freizeitvergnügen, sondern ein Wirtschaftszweig, der Kaufkraft bindet, Arbeitsplätze schafft und wesentlich zur Lebensqualität vor Ort beiträgt. Er ist einer der wenigen Bereiche, die bereits heute messbar in unserer Region funktionieren, aber er braucht Pflege, um auch künftig Gewinn abzuwerfen. Anders als bei den Zukunftsszenarien, die zweifellos ihre Berechtigung haben, könnte man hier direkt ansetzen und mit vergleichsweise geringem Mitteleinsatz viel bewirken. Leider gehen die Überlegungen regelmäßig in die entgegengesetzte Richtung, was auch daran liegt, dass der Tourismus trotz seiner wirtschaftlichen Bedeutung in den kommunalen Haushalten als ‚freiwillige Leistung‘ eingestuft wird.“
Foto: Michalzik